Erfolg wächst am Widerstand
Viele Menschen haben große Angst vor dem Erreichen, denn das könnte Veränderung bedeuten. Folglich gibt es eine innere Panik, die das Ankommen und Gelingen systematisch verzögert und uns gleichzeitig die Kraft für ein Überschreiten der Ziellinie raubt. Ausprägungen klassischer 99-Meter-Läufe sind nicht nur Planungsdesaster wie der unvollendete Flughafen Berlin-Brandenburg. Dieses Bauprojekt birgt das Potenzial, nie zu Ende gebracht zu werden. Doch so hoch müssen wir das Thema gar nicht hängen. Ausdauernde Zielverweigerung können wir täglich in jedem Büro erleben: überquellende Schreibtische, Kabelwirrwarr, Organisationsdesaster. Stunden vergehen täglich mit Suchen, kaum jemand macht sich Gedanken über Strukturen, die ein systematisches Finden ermöglichen. Da wundern wir uns über den Berliner Flughafen? Mit dem Kommentar „Demnächst räume ich auf“, widersetzt sich der Zielunwillige hartnäckig der Einsicht, Ordnung und Klarheit in seine Angelegenheiten zu bringen. In der Folge wachsen die Akten- und Papierberge weiter, verlieren sich Überblick und Strategie im ausufernden Chaos. Wer nicht willens ist, die Dinge zu Ende zu bringen, toppt dies meist mit makabren Sätzen wie: „Ordnung ist was für Doofe, das Genie überblickt jedes Chaos.“ Bis zur Resignation und einem „Da kann man nichts machen“ ist es nicht mehr weit. Im Theaterdonner hektischer Betriebsamkeit verlieren sich schnell die Spuren dieser Verweigerung, weil bereits die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird. So reiht sich eine Aktion an die nächste; allein die Resultate bleiben erschreckend überschaubar. Sätze wie „Bring es zu Ende!“ oder „Schließe die Sache ab!“ treiben den Ergebnisscheuen Perlen des Angstschweißes auf die Stirn. Aus dem Handgelenk feuern sie Salven der Vorwände, warum etwas jetzt und demnächst nicht getan werden kann. Würde die gleiche Energie für Klarheit eingesetzt, wären sie längst am Ziel.
„Wir haben bei uns in der Firma eine Menge angeschoben und dann nicht mehr weiterverfolgt“, beschrieb eine Gruppe von Monteuren auf einem Seminar den strategischen Alltag in ihrem Unternehmen. Kaum einem der Beteiligten, so mein Eindruck, war die gewaltige Verschwendung von Zeit und Arbeitskraft durch dieses Verhalten klar. Das änderte sich blitzartig, als ich den Einsatz dieser vergeblichen Bemühungen in Cent und Euro ausrechnen ließ: Arbeitstage, Planungen, Meetings wurden in geldwerte Zahlen umgerechnet. Jede Stunde, erschien als Wert in einer langen Liste. Das Ergebnis war niederschmetternd. Aufsummiert ergaben sich fünf- und sechsstellige Beträge. Die Belegschaft staunte Bauklötze, der Inhaber hyperventilierte und bekam fast einen Herzinfarkt. Plötzlich erschien die Hatz nach mehr Umsatz und Gewinn höchst relativ. Keine noch so ausgeklügelte Firmenstrategie, das war die bittere Erkenntnis dieses Tages, war in der Lage, produktiv aufzufangen, was aktuell durch die vielen 99-Meter-Läufe in diesem Unternehmen an Geld und Ressourcen versenkt wurde. Schlagartig änderte sich die perspektivische Frage von „Was werden wir tun?“ in ein „Wofür tun wir etwas?“, „Wie kommen wir zum Ziel?“ und, viel wichtiger „Was werden wir zukünftig lassen?“
Wer erfolgreich sein will, muss mit diesen Widerständen und Befindlichkeiten rechnen. Menschen sind Gewohnheitstiere, erst wenn es gelingt, diese mächtigen Mauern einzureißen, öffnen sich Wege für neue Horizonte. Das kann schwer sein, doch es ist möglich – wie jede Entwicklung.