Jahreszielgespräche zeigen, wie sehr alle Beteiligten an einem Strang in eine Richtung ziehen.
Hand aufs Herz. Zielgespräche zwischen Führungskräften und Mitarbeitern können zum Zündfunken oder Rohrkrepierer werden. Egal, ob sie alle drei, sechs oder zwölf Monate stattfinden – es zählen Offenheit und Ehrlichkeit. Im Idealfall bereiten sich die Gesprächspartner lange auf diesen Termin vor. Es ist besser, ein paar Nächte über die eine oder andere Frage geschlafen zu haben, als aus der Hüfte geschossen Allgemeinplätze zum Besten zu geben. Leider ist letzteres der Alltag in vielen Unternehmen. Das Zielgespräch verkommt zur lästigen Pflicht, die beide Seiten schnellstmöglich hinter sich bringen wollen. Also wird um den heißen Brei herumgeeiert, ohne dass es ans Eingemachte und an Verbesserungsmöglichkeiten geht. Natürlich spricht der Vorgesetzte an, wie und ob er mit einem Mitarbeiter zufrieden ist. Das ist die eine Seite der Medaille. Zur Seele des Gesprächs gehört aber ebenso die Meinung des Mitarbeiters. Wie zufrieden ist er mit seinem Vorgesetzten? Wie klar, eindeutig und überzeugend fühlt er sich geführt? Das ideale Zielgespräch findet auf gleicher Augenhöhe statt. Dieser Dialog ist eine Messsonde, um Stimmungen und Befindlichkeiten in der Belegschaft aufzufangen: Was läuft gut, was geht noch besser?
Die Herausforderungen für ein Unternehmen liegen selten in Fragen der Branche oder des Gewerks. Wer die falschen Teile montiert, den fegt der Wettbewerb in Windeseile vom Markt. Bei Zielgesprächen geht es eher um Fragen der Kommunikation, Führung, Organisation, Motivation und Funktion.
Zielgespräche sind ein wirksames Mittel, Defizite auf diesen Themenfeldern zu erkennen. In ihnen schlägt die Stunde der Wahrheit. Welcher Vorgesetzte hört gerne, was er in seiner Position zukünftig besser machen könnte? Dies gilt es auszuhalten; dies gilt es vor allem erst einmal zuzulassen. Wer glaubt, über den Dingen schweben zu können, verliert den Bezug zur Wirklichkeit. Bei Zielgesprächen ist Mut zur Wahrheit nötig:
- Wie sehr wird zugehört?
- Wie gut erkennt die Belegschaft, dass ihre Ideen und Anregungen gesehen und umgesetzt werden?
Die größten Schätze und Potenziale eines Unternehmens schlummern erfahrungsgemäß in den Köpfen und Herzen der Belegschaft – verschlossen vor dem Licht der Welt. Kein Zwang kann sie zu Tage fördern, das ist die Herausforderung. Der Wille zum Wollen entscheidet. Nur durch ihn gelingt es, verborgenen Reichtum zu heben, zu strukturieren und für das Unternehmen zu nutzen. Vorgesetzten, die beim Thema Zielgespräche in geringschätzende Tonfälle abdriften, entwerfe ich folgendes Szenario: „Stellen Sie sich vor, in Ihrem Gegenüber schlummert eine millionenschwere Geschäftsidee und Sie haben keine blasse Ahnung davon. Wie stark engagiert sich dieser Mitarbeiter im Unternehmen? Zu welchem Konkurrenzunternehmen würde diese Mitarbeiterin abwandern? Was, wenn von der Umsetzung dieser Idee in einen Markterfolg der Fortbestand Ihres Unternehmens abhängt? Wenn Ihr Unternehmen ein Rennpferd wäre, würde Ihre Belegschaft ihre Ideen daraufsetzen – und wenn ja, wie viele?
- Unternehmen haben meistens weniger ein Mitarbeiterproblem als ein Führungsproblem. Motivation und Identifikation der Belegschaft hängen davon ab, wie sehr sie vom Führungspersonal vorgelebt werden. Dieses Führen bedeutet, Freiheiten zuzulassen. Mag sein, dass der Großteil der Zielgespräche auf Routine hinausläuft. Bereiten Sie sich trotzdem gewissenhaft vor. Oder Sie präsentieren die Fragen im Meeting und bitten um Kommentare und Ergänzungen. Die Reaktion der Belegschaft kann spannend sein:
- Über welche Themen soll gesprochen werden – Arbeitsergebnisse, Verhaltensweisen, Ziele?
- Wie sehr fließen Vorgespräche in das aktuelle mit ein?
- Wie positiv können sich die Gespräche auswirken?
- Welche Themen werden in einem Zielgespräch gewünscht?
Bei Zielgesprächen kann es um viel Geld gehen. Wir alle kennen die Anekdoten von Mitarbeitern, die, von den abwertenden Kommentaren der Kollegen genervt, zur Konkurrenz wechselten, um dort die ihre Ideen zum Erfolg zu führen. Damit dies bei Ihnen nicht passiert, stellen Sie beim nächsten Zielgespräch Fragen wie diese:
- Mit wie viel Freude auf Ihre Arbeit stehen Sie morgens auf?
- Oder würden Sie bei diesem Gedanken eher liegen bleiben?
- Was würde dafür sorgen, dass Sie sich bei uns voll reinhängen?
- Was möchten Sie beruflich bei uns noch erreichen?
- Wie sähe Ihr perfekter Arbeitstag aus?
- Was würden Sie verändern, wenn sie Chef wären?
- Was läuft aus Ihrer Sicht bei uns gut?
- Wo sitzt eventuell der Sand im Unternehmens-Getriebe?
- Wofür steht unser Unternehmen, wie sehr wird dies gelebt?
- Wie gerne arbeiten Sie bei uns?
- Was können wir tun, damit dies so bleibt?
Fragen wie diese zu stellen, ist ein Drahtseilakt. Er gelingt nur mit Vertrauen. Die Unternehmensleitung muss bereit sein, diese Offenheit zuzulassen, die Belegschaft braucht Verlässlichkeit, dass ihre Anregungen konstruktiv vermittelt werden. Vertrauensvolle Gespräche mit jedem Menschen im Unternehmen zu führen, ist ein wesentliches Element der Unternehmensentwicklung. Die Befragungsergebnisse bieten ein Füllhorn von Möglichkeiten und Ideen, auf denen die weitere Unternehmensentwicklung aufbauen kann.